Frühling in Japan – zwei Wanderwege und eine schroffe Küste

Frühling in Japan – zwei Wanderwege und eine schroffe Küste

Goethe hat mal gesagt, dass nur man nur dort wo man zu Fuß war, auch wirklich gewesen ist. Das ist bei vielen unserer Reiseziele naturgemäß etwas schwierig. Da wir Großen und auch Pia gerne wandernd die Gegend erkunden, versuchen wir an allen Zielen eine kleine oder größere Tour zu finden, die uns einen direkten Einblick gewährt. In Japan gibt es, was vielleicht nicht das erste ist, was einen zu diesem Land einfällt, sehr viele schöne Wanderwege. Der bekannteste ist wahrscheinlich der Nakasendo Trail, der entlang der alten kaiserlichen Postroute von Kyoto nach Tokyo, damals noch Edo, führt. In großen Teilen ist er heute durch Nationalstraßen ersetzt worden. Kleine Abschnitte im ländlichen Raum im Kiso Tal sind heute aber als Wanderweg gut ausgebaut. Leider waren aufgrund der golden week bereits im Januar alle Unterkünfte entlang des Trails für eine große Gruppe wie unsere ausgebucht.

Von einem anderen Weg, dem Pilgerweg Kumano Kodo hat uns eine Argentinierin im Kochkurs in Hoi An vorgeschwärmt. Der Kumano Kodo ist hier so bekannt wie bei uns der Jakobsweg. Auch hier war es schwierig eine Unterkunft zu finden, aber da wir den Mietwagen hatten, waren wir etwas flexibel und sind schließlich in Shirahama am Meer untergekommen. Hier hatten wir das beste aus beiden Welten: Eine tolle Steilküste am Meer und den Wanderweg in Fahrentfernung.

Bevor wir aber dort ankamen haben wir einen Halt in Nara gemacht. Auch hier gibt es einen großen Tempel mit dem größten Holzbussha des Landes. Berühmt ist Nara aber auch für seine Hirsche. In Japan gibt es eine Form des Buddhismus, den Shinto Buddhismus, der aus der Verschmelzung eines alten animagischen Naturglaubens mit zahlreichen Naturgottheiten und dem Buddhismus entstanden ist. In diesem sind in Nara die Hirsche heilig und werden nicht bejagt. Das resultiert in mehreren großen Rudeln Sikah Hirschen, die streichelzooähnlich in den Parks der Stadt leben und von Passanten gefüttert werden.

Die Hirsche sind buchstäblich überall…

Mit diesem Abschiedsgruß ging es los in Richtung Meer.

In Shirahama hatten wir wirklich Glück. Wir sind in einer sehr typischen japanischen Pension untergekommen. Das Guesthouse wird in 3.Generation von einem Ehepaar geführt, das einerseits eine große Sammelleidenschaft hat und sich andererseits sehr liebevoll um das alte Haus und die Gäste kümmert.

Die Zimmer im Obergeschoss waren wieder mit Tatamimatten und Futons ausgestattet, gekocht wurde in einer kleinen Gemeinschaftsküche und der Aufenthaltsraum im Erdgeschoss war gleichzeitig Essbereich, Laden und Ausstellungsfläche.

Ganz typisch für Japan ist, dass beim Betreten des Hauses die Schuhe ausgezogen werden. Häufig stellt der Besitzer für Gäste Hausschuhe bereit. Da diese hier auch im Ladenbereich mit Kundenverkehr getragen wurden musste man sie im mit Teppich ausgelegten Küchenbereich natürlich ausziehen…

Die Mädchen haben in der Spielecke eine spontane Origamistunde von der Besitzerin bekommen.

Shirahama ist auch für japanische Touristen ein beliebtes Urlaubsziel. Das liegt einerseits daran, dass es neben der Steilküste einen schönen kleinen Sandstrand gibt und andererseits sind im Stadtgebiet viele Onsen zu finden. Onsen sind öffentliche oder private Bäder an denen heißes Thermalwasser aus einer unterirdischen heißen Quelle die Becken speist. Im Onsen gibt es, wie überall in Japan, sehr klare Regeln. Männer und Frauen gehen unbekleidet und streng getrennt. Vor dem Bad muss sich erst im Garderobenbereich entkleidet, dann im Waschbereich gewaschen und dann der eigentlich Badbereich nur mit dem typischen Onsenhandtuch betreten werden. Das Handtuch hat etwa Geschirrtuchgröße und ist ganz streng genommen während des Bades gefaltet auf dem Kopf zu tragen. Bei unserem Besuch war es nicht so voll, dass ich es einfach neben die Becken gelegt habe. Ich habe aber auch Japanerinnen gesehen, die daraus sehr geschickt ein Haarband gewickelt haben. Große Tätowierungen sind in der Regel verboten, weil diese mit der japanischen Mafia assoziiert und als agressiv wahrgenommen werden. ‚Unser‘ Onsen, Saki-no-Yu- Onsen, hat drei unterschiedlich heiße Becken unter freiem Himmel direkt zwischen den Felsen am Meer und leider durfte man nicht fotografieren. Es ist eins der ältesten Onsens Japan und sehr entspannend.

Vom Ort ausgehend gibt es einen Spazierweg entlang der Steilküste zum Wahrzeichen von Shirahama, dem brückenförmigen Namariyama Dyke Felsen.

Vom Aussichtspunkt oberhalb der Klippen sieht man den Brückenfelsen noch einmal von der Seite. Die Glocke ist eine Tsunamiwarnglocke und darf nur bei einem herannahenden Tsunami zur Warnung der Einwohner geläutet werden.

Vom Kumano Kodo haben wir uns eine der Hauptetappen, die an einem der drei Hauptschreine (Kumano Hongu Taisha) des Pilgerwegs endet ausgesucht. Am Feiertag hatten wir zum Glück gutes Wanderwetter und reichlich japanische Touristen als Gesellschaft. Es war sehr schön in dieser ansonsten sehr ländlichen Gegend einen Blick auf Höfe, Teeplantagen und Felder zu werfen.

Die Ausschilderung war exzellent

Und der Schrein war, da es bergab ging, schnell erreicht. Am oberen Tor hat uns ein älterer Herr ‚abgefangen‘, der lokale Berühmtheit dadurch erlangt hat, dass er, 81-jährig, seit einem Schlaganfall vor fünf Jahren einen Instagram Kanal pflegt. Jeden Tag interviewt er Pilger auf dem Wanderweg und am Schrein und stellt so online wer alles vorbeikommt und pilgert. Natürlich haben wir auch mitgemacht!

Eine Besonderheit hatten wir uns zum Abschluss des Wandertages noch aufgehoben. In der Nähe des Schreins gibt es einen Fluss in Sennin Buro in dessen Flussbett ebenfalls eine heiße Quelle entspringt. Hier hat die Gemeinde nur in den Wintermonaten einen kleinen onsenähnlichen Bereich des Flusses gesperrt. Den Rest des Jahres und auch des Flussbettes darf man jederzeit betreten. Und so kommen viele etwas besser ausgerüstet als wir mit Spaten und Schaufel und graben sich im Flussbett ihren eigenen heißen Pool. Wir haben die Hände benutzt, hatten aber auch echt Spaß. Das Wasser, das durch das Kiesbett drückt ist richtig heiß, so dass man versuchen muss ein kleines bißchen eiskaltes Flusswasser in das eigene Becken einzuleiten um eine gute Mischung zu bekommen.

Da das Wetter auch weiterhin wechselhaft blieb haben wir auf weitere größere Wanderungen verzichtet und den höchsten Wasserfall Japans z.B. nur aus dem Auto betrachtet…

Stattdessen haben wir die Küste in der näheren Entfernung von Shirahama erkundet. Das Meer ist ja bei jedem Wetter schön und in den Gezeitenpools unterhalb der Steilküste gab es so viel zu entdecken, dass wir wieder einmal dachten in einem großen Aquarium gelandet zu sein. Zwischen Ebbe und Flut gab es hier unterschiedlichste Algen, kleine Fische, riesige Meeresschnecken und Seegurken zu entdecken. Außerdem Höhlen im Fels und scharfkantige Felsen aus Lavagedtein, die man mit Klettergeschick und Mut zur Lücke gerade noch erreichen konnte.

Bei den Torike Höhlen

Und unterhalb des Shionomisaki Lighthouse am südlichsten Punkt der Insel Honshu

Die Sammelleidenschaft der Familie kennt keine Grenzen….

Da es in Japan zwar überall im öffentlichen Raum sehr sauber ist, aber paradoxerweise nirgendwo Mülleimer stehen haben uns einige dieser ‚Schätze‘ bis zum Flughafen in Tokyo begleitet…erst an der Sicherheitskontrolle gab es Mülleimer, in die alles hineinpasste und hineindurfte was weg musste.

Auf dem Rückweg nach Tokyo haben wir dann wiederum ein anderes Gesicht Japans kennenlernen dürfen. Im sehr ländlichen Kiso Tal haben wir uns die Nakasendo Etappe von Magome nach Tsumago vorgenommen. Die Umgebung erinnerte teilweise an das ländliche Lippe und durch diese beiden alten Poststädte zu wandern war wie durch ein lebendes Freilicjtmuseum zu wandeln. Wie erwartet war hier sehr viel los, aber das Wetter war wieder schön und irgendwie war es auch gut den Tag und den schönen Weg mit vielen zu teilen. Das war ein richtiger Vatertagswandertag, auch wenn noch gar nicht Himmelfahrt war.

Kleine Straßen im Kiso Tal

Und dann Magome. Von hier an ging es zunächst bergauf

Der Blick zurück ins Tal und der Weg war auch hier gut beschildert

An einer kleinen Pausenstation gab es traditionellen japanischen Tee

Und dann ging es bergab in Richtung Tsumago

Hier konnte man an einer Mitmachstation eine Samurairüstung probiert werden mit der herrliche Quatschfotos gemacht werden durften.

Und dann noch ein Softeis und eine letzte Runde durch den Ort bevor die lange Weiterfahrt nach Tokyo anstand.

1 Kommentar

Das sieht spannend aus! Sollte es mich nochmal nach Japan verschlagen, lasse ich mir diese Route von euch geben! 🙂

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